Equador

Die typische Landestracht: Faltenrock, Flechtzopf und Hut

Klee, Löwenzahn und schwarz-weiße Kühe sorgten nicht unbedingt dafür, dass wir uns wie in Südamerika fühlten und mit zwölf Grad Lufttemperatur hätten wir uns genauso gut zu Hause in Norwegen oder Deutschland befinden können. Die Menschen in ihren indianischen Trachten sowie Benzinpreise von um die sechzig Cent pro Liter gaben dem Land dann aber doch einen exotischen Anstrich.

Nachdem wir den Äquator ausgiebig besichtigt hatten, war unser Ziel zunächst die Hauptstadt Quito, ungefähr zwei Stunden entfernt. Hier wollten wir uns nach 14 Tagen im Zelt mal wieder ein wenig Zivilisation gönnen, nicht zuletzt auch weil Pauls Geburtstag vor der Tür stand. Wir mieteten uns für ein paar Tage in einem Hostel ein und genossen die große Küche, Internet sowie einen Begrüßungsdrink an der Bar. Mit gefülltem Hühnchenfilet, kaltem Bier und einigen Runden Pool am hauseigenen Billardtisch feierten wir Pauls Geburtstag nachdem er am Nachmittag mit unserem Jeep wieder aus der Werkstatt kam. Wir hatten schon einige tausend Kilometer zurückgelegt und bald würde es in die Wüste und weiter in die Anden gehen, da wurde es mal Zeit für neue Bremsbeläge und einen Blick unter die Motorhaube.

Einmal Fußpflege, dass hatte unser Jeep sich verdient!
Einmal Fußpflege, dass hatte unser Jeep sich verdient!

Außer den erwähnten Bequemlichkeiten und einigen hübschen Gebäuden in der Altstadt hatte Quito uns nicht viel zu bieten, so dass wir schon am ersten Tag nach unserer Ankunft zu einer Tour auf den empfohlenen Vulkan „Cayambe“ starteten.

Blick auf die Altstadt von Quito
Blick auf die Altstadt von Quito

Wie es der Zufall so will, teilten wir unser Zimmer mit zwei Studentinnen aus Norwegen und Dänemark, die sich sehr leicht zur Teilnahme überreden ließen. Nach einem kurzen Stopp am Äquator ging es dann los. Von hier aus waren es nicht mehr als dreißig Kilometer bis zum Parkplatz nahe des Gipfels auf fast 5.000 Metern Höhe. Diese Strecke verlangte unserem Jeep jedoch alles ab, was er an Geländetauglichkeit zu bieten hatte.

Fußballgroßes Geröll, Schlaglöcher, ausgewaschene Lehmwege und Steigungen weit jenseits der zehn Prozent sorgten dafür, dass so mancher einheimische Besucher seinen Pick Up am Wegrand stehen ließ und den Weg zu Fuß fortsetzte während wir uns jedoch nicht abschrecken ließen und unser erstes echtes Offroad-Abenteuer genossen. Oben angekommen gab es dann erst einmal einen kleinen Schock.

Der schneidende Wind bei vielleicht 3°C wirkte wie eine kalte Dusche und wir verkrochen uns schnell in die Bergstation für eine Schüssel Hühnersuppe und einen Becher Kaffee, bevor wir uns an den Aufstieg zum Gletscher machten. Wer wissen möchte, wie seine Kondition in dreißig Jahren und mit zwanzig Kilo mehr auf den Rippen aussieht, dem empfehlen wir ausdrücklich eine Klettertour auf über 4500 Metern. Zwischen uns und unserem Ziel, einem kleinen See nahe der Gletscherkante, lagen nur dreihundert Meter Höhenunterschied und etwas über einen Kilometer Luftlinie und dennoch war dies eine der anstrengendsten Wanderungen auf unserer Reise. Die Lunge schreit nach Sauerstoff, der Herzschlag ist beschleunigt, scheint sich aber irgendwo im Bauch zu befinden und etwa alle fünfzig bis hundert Meter ist jeder Stein für eine Pause willkommen.DSC00101Als Ausgleich für unsere Strapazen bot sich uns jedoch eine Atmosphäre wie auf einem anderen Planeten. Schroffe Felsen, kilometerweite Aussicht, kein Anzeichen von Leben, leichter Schwefelgeruch, das Knacken des Gletschers in der Luft und das Wetter schien sich alle zehn Minuten zu ändern.

Der Schneebedeckte Gipfel des Cayambe im Licht der Äquatorsonne
Der Schneebedeckte Gipfel des Cayambe im Licht der Äquatorsonne

Einen Weg, dem wir folgen konnten, gab es hier oben nicht, was unser Gefühl, uns auf einer Expedition zu befinden, noch verstärkte. Völlig außer Atem jedoch glücklich und beeindruckt erreichten wir den See nach ungefähr eineinhalb Stunden. Viel Zeit zum Erholen und Genießen dieses Anblicks blieb uns jedoch nicht. Es war bereits Nachmittag und wir mussten unbedingt bevor es dunkel wurde auch mit dem Auto wieder vom Berg herunter sein.

Zudem hörten wir Donnergrollen und das während wir uns mitten in den Wolken befanden. Mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend machten wir uns an den Abstieg, nicht jedoch ohne vorher noch einen Abstecher zum Gletscher zu machen. Während das ewige Eis knirschte und knackte, beeilte Paul sich mit der Machete einen Block aus der drei Meter hohen Wand zu schlagen. Somit konnten wir am Abend zurück im Hostel unseren Ausflug stilecht mit Gletschereis- gekühlten Getränken abschließen.

Mit echtem Gletschereis feierten wir die Rückkehr
Mit echtem Gletschereis feierten wir die Rückkehr

Aufgrund ausgebuchter Betten waren wir am Folgetag gezwungen, unser Hostel zu wechseln, was sich jedoch als Glücksfall erwies. Ein junges Paar aus Deutschland erzählte, sie hätten den Äquator noch nicht besichtigt, hätten aber auch eigentlich keine Zeit mehr. Als wir von unserem Ausflug erzählten, entschieden sie sich aber recht schnell dafür, dass sie vielleicht doch noch einen Tag übrig hätten. Auch zwei Jungs aus Kanada interessierten sich für eine kombinierte Äquator-, Jeep- und Klettertour, so dass Paul noch einmal in diesen Genuss kam, diesmal sogar als Tourguide. Als wir am Abend nach dem Ausflug an der Bar mit Whiskey und dem obligatorischen Gletschereis anstießen, meinte einer der Teilnehmer, dies sei das Größte gewesen, das er bis dahin erlebt hatte.

Mit diesem Lob frisch im Gedächtnis und einer dank zufriedener Teilnehmer frisch aufgefüllten Reisekasse verließen wir Quito mit dem Ziel peruanische Grenze.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert